Klar ist ein Karmann alltagstauglich! Sogar deutlich alltagstauglicher als...


[ Karmann-Ghia Forum ]


Geschrieben von Jörg Fischer am 16. Mai 2003 17:14:16:

Als Antwort auf: Karmann Ghia geschrieben von Sebastian am 15. Mai 2003 18:18:16:

...Fahrzeuge anderer Marken in vergleichbarem Alter.

Die mechanischen Komponenten stammen vom VW Käfer, eines der alltagstauglichsten Autos überhaupt (damals wie heute).

Die Karosserie ist diffiziler aufgebaut (als beim Käfer), und Rost (gerade im winterlichen Alltagsbetrieb) ist sicherlich ein Thema. Aber hier kann man durch richtige Vor- und Nachsorge (!) viel erreichen. Regelmäßig Waschen und Unterbodenwäsche (besonders nach Salz- bzw. Schneedurchfahrten), Radhäuser mit dem Dampfstrahler ausspritzen und regelmäßige Kontrolle und ggf. sofortiges Ausbessern des (am besten transparenten) Unterbodenschutzes (auf Wachsbasis). Lack regelmäßig konservieren.

Ein Oldtimer macht gerade im Alltag besonders viel Spaß. Im Vergleich zu einem modernen Fahrzeug hat man sogar einige Vorteile. Was nicht da ist, kann nicht kaputtgehen. Beispiel gefällig?

Opel Vectra B, hatte (plötzlich) einen Defekt am Kurbelwellensensor mit dem Ergebnis, daß die Motorelektronik ständig auf Notlaufprogramm schaltete. Um nicht ruckelnd weiterfahren zu müssen half nur Anhalten, Motor aus, Motor an und weiterfahren. Das ging immer so 2 bis 20km gut, dann passierte das gleiche wieder. Die Werkstatt hat den Sensor dann ausgetauscht, Heimwerkerreparatur (fast) unmöglich!

Mercedes C-Klasse mit Zentralverriegelung (Infrarot-Fernbedienung): Türen ließen sich öffnen, aber die Wegfahrsperre ließ mich nicht losfahren wegen eines Defekts im Schlüssel. Abhilfe: Freundin mußte mir abends um 23 Uhr den Ersatzschlüssel bringen...

Zurück zum Karmann: Je jünger das Baujahr, desto besser die Alltagstauglichkeit, gerade im Hinblick auf ältere Modelle mit 6 Volt-Anlage (Stichwort Licht + Scheibenwischer + Blinker --> Elektrik häufig überfordert), oder mit Einkreisbremse und auch was beschlagene Scheiben angeht.

Ich selbst bin bis vor 1,5 Jahren (jetzt habe ich einen Geschäftswagen) ausschließlich diverse VW 1500/1600 (Typ 3) äußerst zufrieden im Alltag gefahren. Auch die erwähnte 6 Volt-Anlage, 4 Trommelbremsen und Pendelachse sind voll alltagstauglich! Wir sind regelmäßig mit dem VW 1500 S (1965) oder dem 1600 L (1972) im Alltag und mit Wohnwagen Eriba Puck auch in Urlaub gefahren, selbstverständlich auch längere Touren ins Ausland.

Man muß sich natürlich im Klaren darüber sein, daß die verbauten Originalteile alle über 30 Jahre (!) auf dem Buckel haben. Das gilt für die Ventilfeder genauso wie z.B. für das Kupplungspedal (mir ist mal das ganze Pedal abgebrochen), d.h. daß mit häufigeren Reparaturen gerechnet werden muß als bei einem Jahreswagen. Alles eine Frage der Zeit, die man für sein Auto aufbringen kann und will.

Dafür sind die Reparaturen meistens völlig anderer Natur wie bei einem modernen Auto. Fast alles läßt sich vom geschickten Laien (auch ohne Ausbildung zum Kfz-Mechaniker) selbst reparieren oder zumindest so improvisieren, daß man nicht dauerhaft liegenbleibt. Eine Grundausrüstung an Werkzeug (auch an solche Sachen denken wie die 36er Nuß für die hinteren Bremstrommeln ;-) ) habe ich immer an Bord, für längere Fahrten fern der Heimat auch die wichtigsten Ersatzteile (Vergaser, Verteiler, Zündspule, Lichtmaschine, usw). Mein Alltags Typ 3 (ein 71er Stufenheck) steht heute immer noch voll fahrbereit und zugelassen vor der Tür (Laternengarage!), und wenn ich mal Lust habe, fahre ich auch mit dem Typ 3 ins Büro oder auf die Baustelle.

mein Fazit: die Alltagstauglichkeit ist voll gegeben, wenn man sich den Randbedingungen bewußt ist. Dazu gehört auch, daß man mit Beulen, Kratzern, Parkremplern (beschädigte Stoßstangen...), dichtem Auffahren, etc. rechnen muß, und nicht jedes Mal einen Wutanfall bekommt - eben alles, was der Alltagsbetrieb mit sich bringt. Auch den Blechschaden oder die Verletzungsgefahr bei schwereren Unfällen muß man als Risikofaktor einkalkulieren. So hatte ich im Alltags-Typ 3 Kopfstützen und Sicherheitsgurte eingebaut. Mein Typ 34 und einige andere Typ 3 Limousinen, die ich seltener fahre, haben keine Kopfstützen und keine Gurte (bewußte Entscheidung von mir - bitte nicht meckern!).

Zum Schluß noch meine ganz persönliche Meinung: wenn Du Spaß an alten Autos hast (auch am Schrauben oder Ölwechsel!), keine Scheu hast Dich unterwegs unters auto zu legen oder Dir schwarze Finger trotz anzug und Krawatte zu holen, dann kauf' Dir einen guten (!!!!!) Karmann und fahre ihn im Alltag.

Tu es nicht, wenn Du alten Autos eher skeptisch gegenüberstehst, Ölwechsel oder Unterbodenschutz-Ausbessern als Schikane empfindest, und wenn Du lediglich auf die Showeffekte aus bist beim Einparken vor Deinem Lieblingscafe. Dann denke ich wirst Du eher weniger Freude an einem alten Auto haben.

Übrigens "Showeffekte": gegen beides (Spaß am Schrauben und reparieren UND an den Showeffekten) zusammen ist nichts einzuwenden. Ich genieße es, beim Einparken vor meinem Lieblingscafe die Blicke auf mich zu ziehen. Aber ich genieße auch die Samstägliche Autowäsche mit Anschließendem Konservieren (von Hand) und den Ölwechsel.

Gruß aus Darmstadt

Jörg


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